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Wer oder was ist Tom Bombadil?
Diese Frage wurde schon sehr häufig erörtert, oft mit viel zuviel Vehemenz. Toms literarische Geschichte ist sehr komplex, und daher schwierig zu interpretieren: Ursprünglich war Tom Bombadil eine Puppe (mit blauer Jacke und gelben Stiefeln) von Tolkiens Sohn Michael. Diese Puppe inspirierte eine Geschichte, so wie er sie oft zur Unterhaltung seiner Kinder erfand. Diese Erzählung wiederum war die die Grundlage für das Gedicht "Die Abenteuer von Tom Bombadil", das 1933 veröffentlicht wurde; in diesem Gedicht hatten auch Goldbeere, die Grabunholde und der alte Weidenmann ihren Auftritt; das Gedicht war die Grundlage für die Ereignisse in Kapiteln 6 bis 8 des ersten Buches im Herren der Ringe. In einem Brief von 1937 erklärte Tolkien, daß Tom Bombadil für den "Geist der (verschwindenden) Landschaften von Oxford und Berkshire" stünde (Briefe, 39 [#19]).

Tolkien führte Tom Bombadil in einer sehr frühen Phase in den Herren der Ringe ein - als er selbst noch glaubte, eine Fortsetzung zum Kleinen Hobbit zu schreiben, die nicht in der Welt des Silmarillions spielte (siehe LessFAQ, Tolkien, 1). Tom paßte zum ursprünglichen, leicht kindlichen Tonfall der frühen Kapitel (die sich stark an den Kleinen Hobbit anlehnen), aber im weiteren Verlauf erreichte die Geschichte einen höheren Stil und einen dunkleren Charakter. Tolkien behauptete später, daß er Tom als notwendigen Bestandteil in der Geschichte ließ; einige triftige Gründe dafür finden sich in den Briefen:

Tom Bombadil ist keine wichtige Person - für die Erzählung. Ich glaube, etwas Bedeutung hat er als "Kommentar": Ich meine, ich schreibe nicht wirklich so: Er ist einfach so eine Erfindung ... aber er steht für etwas, das ich wichtig finde, obwohl ich nicht bereit wäre, dieses Gefühl genau zu analysieren.

Briefe, S. 236 (#144), an Naomi Mitchison

Über Toms Art und Ursprung gibt es mehrere Theorien:
  • Er war ein Maia (die häufigste Ansicht). DIe Argumentation ist offensichtlich: Wenn wir alle Arten Lebewesen in Mittelerde betrachten, bleiben nach dem Ausschlußprinzip die Maiar übrig, genauso wie auch viele der anderen unerklärlichen Gestalten im Herren der Ringe sich bei genauer Betrachtung als Maiar herausstellten (Gandalf, Sauron und der Balrog).

  • Er war Ilúvatar. Der einzige Grund für diese Annahme ist ein theologischer: Manche haben Goldbeeres Aussage zu Frodo
    "Schöne Frau", sagte Frodo nach einer Weile, "Sagt mir, wenn meine Frage nicht töricht klingt, wer ist Tom Bombadil?"
    "Er ist", antwortete Goldbeere, hielt in ihren raschen Bewegungen inne und lächelte.

    Der Herr der Ringe, Kap. I/7, S. 137 (!!!)

    als eine Form des christlichen "Ich bin der ich bin" interpretiert, was wirklich nur auf den Schöpfer deutet. Tolkien (Briefe, 253 [#153]) wies diese Interpretation heftig zurück.

  • T.A. Shippey (in The Road to Middle-earth) und andere haben vorgeschlagen, Tom als ein einzigartiges, nicht einzuordnendes Wesen zu betrachten. Diese Ansicht erhält von Tolkien indirekt Unterstützung:
    Als Geschichte, denke ich, ist es gut, wenn vieles ungeklärt bleibt (besonders, wenn es tatsächlich eine Erklärung gibt) ... Und ein paar Rätsel muß es immer geben, sogar in einem mythischen Zeitalter. Tom Bombadil ist eines (absichtsgemäß).

    Briefe, S. 231 (#144), an Naomi Mitchison

Was auch immer davon richtig ist, innerhalb der Geschichte stellt Tom eindeutig eine bestimmte Haltung gegenüber Macht und Herrschaft dar:
So wie die Geschichte angelegt ist, gibt es eine gute Seite und eine böse Seite, Schönheit gegen gnadenlose Abscheulichkeit, Tyrannei gegen Königtum, maßvolle Freiheit mit Zustimmung gegen einen Zwang, der längst jeden Zweck außer dem bloßen Machtstreben verloren hat, und so weiter; aber beide Seiten, die konservative wie die destruktive, erfordern ein gewisses Maß an Herrschaft. Wenn man aber sozusagen ein "Armutsgelübde" abgelegt hat, auf Herrschaft verzichtet und sich an Dingen um ihrer selbst willen, ohne Bezug auf sich selbst, erfreut , sie beobachtet, ihnen zusieht und sie bis zu einem gewissen Maß kennt, dann könnte einem die Frage nach dem Recht und Unrecht von Macht und Herrschaft völlig sinnlos werden, und die Machtmittel würden ziemlich wertlos.

Briefe, S. 236 (#144), an Naomi Mitchison

Tom repräsentiert also "Botanik und Zoologie (als Wissenschaften) und Poesie im Gegensatz zu Viehzucht und Ackerbau und praktischem Sinn" (aus dem selben Brief).
Quellen:
Die Abenteuer von Tom Bombadil; Der Herr der Ringe, Kap. I/7, S. 137 (I-158); Briefe S. 37 (#19), S. 230 (#144), S. 248 (#153); The Return of the Shadow, besonders der Teil über die 'Erste Phase'
Autor:
unbekannt
Übersetzer:
Gernot Katzer

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